Eversmeer – Es war ein eher ungewöhnlicher Einsatz für die Natur, als sich am 8. August in der Abenddämmerung 15 Naturbegeisterte trafen, um am Bohlenweg Ewiges Meer an einer Bestandserfassung der dort lebenden Nachtfalter teilzunehmen. Eingeladen hatte der NABU Holtriem; das seit 2021 bestehende Gesamtprojekt zur Falterbestimmung in hiesigen Schutzgebieten wird von der Ökologischen NABU-Station Ostfriesland (ÖNSOF) getragen. Unterstützung erhält die Station aber von Ehrenamtlichen aus ganz Ostfriesland, die während des Sommerhalbjahres nachts im Moor stundenlang Nachtfalter an eigens dafür aufgestellten „Leuchttürmen“ erfassen. Dies geht nicht etwa mit Fallen, in denen die Tiere getötet werden, sondern mit Fotos und einer Bestimmungs-App, deren Ergebnisse später von Experten überprüft werden.
Wer nun aber denkt, dies sei eine langweilige Tätigkeit, bei der man nur „graue Motten“ zählt, irrt: Die Tiere sind erstaunlich vielfältig; manche schrecken mit bunten Augenflecken Feinde ab, andere tarnen sich geschickt als Zweig oder Baumrinde und sind so kaum von ihrer Unterlage zu unterscheiden.
Dass es durchaus spannend ist, möglichst viele verschiedene Falter zu entdecken und vielleicht sogar eine der seltenen Moor-Arten zu finden, konnten auch die Teilnehmenden der öffentlichen Leuchtnacht erfahren. Mit dabei waren außer Mitgliedern des NABU Holtriem und Mitarbeitenden der ÖNSOF auch Gäste von außen, die erstmalig an dem Projekt teilnahmen oder sich informieren wollten. Es dauerte nicht lange, bis auch sie die ersten Arten fotografieren und bestimmen konnten. Angezogen vom Licht der „Leuchttürme“ oder auch vom Duft der an Baumstämmen angebrachten Köder aus einem Rotwein-Bananen-Hefe-Gemisch, können im Schnitt 30 bis 60 verschiedene Nachtfalterarten pro Nacht erfasst werden – manchmal auch mehr.
Zudem erfuhren die Teilnehmenden Einiges über den Grund der Aktion: Nachtfalter sind wichtige Bausteine der Natur, sie dienen nicht nur als Nahrung für Vögel, Igel oder Fledermäuse, sondern übernehmen auch die unverzichtbare Aufgabe der Bestäubung. Der Anteil der Nachfalter an allen rund 3.300 Schmetterlingsarten in Deutschland beträgt stolze 95 Prozent – doch wie bei allen anderen Insekten auch ist ihre Zahl stark rückläufig.
Was sie brauchen ist vor allem ein stabiles, intaktes Ökosystem wie etwa ein Moor. Naturbelassene Gebiete sind in Ostfriesland allerdings meist sehr klein und deshalb umso bedrohter durch Flächenverlust, Stickstoffeinträge oder Hitze und Austrocknung. Sind erst einzelne Arten verschwunden, kann die Nahrungskette und damit letztlich das ganze Ökosystem zusammenbrechen.
Genau deshalb ist es so wichtig, auch eine einzelne Art und ihren Lebensraum zu schützen, selbst wenn dies etwa Bauplänen oder anderen menschlichen Interessen entgegensteht. Im Rahmen der Bestandserfassung sind allein in den ersten drei Sommern bis 2023 insgesamt knapp 600 verschiedene Arten von Nachtfaltern entdeckt und bestätigt worden – manche davon, wie etwa die Kupferglucke, stehen auf der Liste der bedrohten Arten. Diese Vielfalt weist auf den Wert hin, den Ostfrieslands Moore für die ganze Region haben. Insbesondere die Falterarten der Hochmoore sind laut Michael Steven von der ÖNSOF gute Indikatoren für den Zustand eines Gebietes. Vor allem aber geben sie Hinweise darauf, ob und welche Maßnahmen zu ihrem Schutz ergriffen werden können.
Übrigens kann jede und jeder auch zu Hause etwas für den Schutz der Nachtfalter tun, z.B. im eigenen Garten oder auf dem Balkon. Das geht am besten mit der Wahl einheimischer Pflanzen, die, von uns oft unbemerkt, in der Nacht bestäubt werden. Auch selteneres Mähen und „unordentliche“ Ecken mit hohem Gras, Brennnesseln und Totholz sind hilfreich. Wer mehr darüber erfahren oder bei der Nachtfalter-Bestimmung mitmachen möchte, kann sich beim NABU Holtriem melden: Mail C.Luetkes@web.de.
Die Gruppe trifft sich regelmäßig an jedem 3. Samstag im Monat um 15 Uhr im Café Zum Ewigen Meer, Parkplatzstr. 3, in Eversmeer. Gäste sind herzlich willkommen!
NABU Holtriem
1. Ansprechpartner: Arno Prestin
Tel.: +49 (0)4975-7375, arnoprestin@gmail.com
Ziegeleistr. 6, 26556 Westerholt-Nenndorf
2. Ansprechpartner: Theo Onken
Tel.: +49(0)4975-216, theo.onken@ewetel.net
Beratung "artenreicher Garten": Christiana Lütkes
Spendenkonto:
NABU Ortsgruppe Holtriem
IBAN: DE28 2855 0000 0105 0684 15
BIC: BRLADE21LER